Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Johann Christian Reil

Johann Christian Reil

geboren:28. Februar 1759 Rhaude/Ostfriesland
gestorben:22. November 1813 Halle
Konfession:evangelisch
Vater:Johann Julius Reil (1716-1780), Pfarrer in Ostfriesland

Johann Christian Reil

Reil besuchte zunächst das Gymnasium in Norden/Ostfriesland, bevor er sich am 20. April 1779 an der Universität Göttingen zum Medizinstudium einschrieb. Im darauffolgenden Jahr, am 4. Oktober 1780, wechselte er an die Universität Halle, wo er 1782 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Vor allem unter Johann Friedrich Gottlieb Goldhagen (1742-1788) studierte er, der ihn auch zu seinem Assistenten machte. Nach der Promotion absolvierte Reil den obligatorischen Besuch des Berliner Collegium medico-chirurgico, um die Approbation als Arzt zu erhalten.

Anschließend war er ein paar Jahre als praktischer Arzt im ostfriesischen Norden tätig – da sein Vater 1780 verstorben war, liegt es nahe, dass er seine Mutter und seine vier jüngeren Geschwister unterstützte. Hier publizierte er den vielbeachteten Ratgeber mit dem Titel „Diätetischer Hausarzt für meine Landsleute“.

Am 16. Oktober 1787 erhielt er den Ruf als außerordentlicher Professor der Medizin und kehrte folglich an die hallesche Universität zurück. Er sollte vor allem das neu etablierte klinische Institut unterstützen. Bereits wenige Wochen später, am 10. Januar 1788, starb sein akademischer Lehrer Goldhagen überraschend. Noch im selben Monat erfolgte am 29. Januar die Berufung Reils auf die ordentliche Professur der Therapie und die Übernahme des Direktoriums des klinischen Instituts in Halle. Als ordentlicher Professor und Klinkdirektor hatte er nun genügend Einkommen, um die Tochter des angesehenen Brauers Carl Wilhelm Leveaux, Wilhelmine (1770-1813), zu heiraten. Weil Wilhelmine der wohlhabenden Hugenottenfamilie Leveaux entstammte, fand die Hochzeit am 15. Oktober 1788 im Dom von Halle statt, der der reformierten Gemeinde als Gotteshaus diente.

1789 wurde er zum Stadtphysikus ernannt, heute vergleichbar mit der Position des Amtsarztes, so dass er neben der Universitätsklinik auch dem städtischen Krankenhaus vorstand. 1806 übernahm er die Oberaufsicht über das preußische Lazarettwesen. Er kannte die katastrophalen Bedingungen in den Lazaretten und versuchte auf allen Wegen, Verbesserungen durchzusetzen. Die Gründer der Berliner Universität um Wilhelm von Humboldt orientierten sich an Reils Reformvorschlägen. So überrascht es nicht, dass Reil 1810 ein Ordinariat und das Dekanat der Medizinischen Fakultät sowie die Leitung der Universitätskliniken in Berlin übernahm. In den Befreiungskriegen wurde Reil zum obersten Leiter der preußischen Kriegshospitäler links der Elbe berufen. Dies allerdings wurde ihm zum Verhängnis, denn beim Lazarettdienst kurz nach der Völkerschlacht bei Leipzig infizierte er sich mit Typhus und verstarb wenige Tage später daran.

Reil war auf allen Gebieten der Medizin bewandert. So galt er als erstklassiger Chirurg und Hirnanatom. Darüber hinaus beschäftigte sich intensiv mit Hygiene und gesunder Lebensführung. So warb er beispielsweise für die heilende Kraft des halleschen Wassers und gründete eine öffentliche Badeanstalt in Halle, kaufte u.a. den Gesundbrunnen und richtete dort ein Solebad ein.

Reil war darüber hinaus der erste Mediziner in Deutschland, der Geisteskrankheiten als körperliche Erkrankungen anerkannte und der sich für die Behandlung von Geistesstörungen einsetzte. So publizierte er das erste Lehrbuch der Psychiatrie und prägte zugleich als erster diesen Begriff.

Schließlich geht auf Reil die Gründung der ersten festen Schauspielbühne Halles zurück. Die Stadt war bis dahin eher theaterfeindlich, sollte aber nun als Kurbad attraktiver werden. Darüber hinaus prägte Reil das Stadtbild, denn er erhielt 1803 von König Friedrich Wilhelm III. den sogenannten Schafsberg auf dem Giebichenstein für seine Verdienste um die Medizin. Dieser Berg wurde fortan Reilsberg genannt und auf ihm befindet sich neben der Reilschen Villa auch das Grabmahl Reils (heute beherbergt er den Bergzoo Halle).

Organisationen:

1782 Mitglied der Freimaurerloge „Zu den drei Degen“ Halle

1793 Mitglied der Leopoldina Akademie der Naturforscher Halle

1810 Ritter des roten Adlerordens III. Klasse

Bild: www.medizin.uni-halle.de

Quellen: ADB, Bd. 27, Leipzig 1888, S. 700f.; Förster, S. 255f.; Hartwich, Hans-Hermann/Berg, Gunnar (Hg.):  Bedeutende Gelehrte der Universität zu Halle seit ihrer Gründung im Jahr 1694, Opladen 1996, S. 59-74; NDB, Bd. 21, Berlin 2003, S. 332f.; Ritter, Heidi/Scherf, Eva: Habe unbändig viel zu tun ... Johann Christian Reil, Halle 2011; UAHW Matrikelverzeichnisse nach 1744, Bd. 2, Bl. 330; UAHW Rep. 3, Nr. 243 Ernennung der außerordentlichen und ordentlichen Professoren der Medizinischen Fakultät, Bd. 2 (1743-1795).

Autorin: JS

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