Christian Thomasius
geboren: | 1. Januar 1655 Leipzig |
gestorben: | 23. September 1728 Halle |
Konfession: | evangelisch |
Vater: | Jakob Thomasius (1622-1684), Professor der Philosophie an der Universität Leipzig |
Christian Thomasius
Durch den Vater auf die akademische Laufbahn vorbereitet, begann Thomasius bereits im Alter von 14 Jahren mit dem Studium in Leipzig. Bereits nach zweieinhalb Jahren, am 25. Januar 1672, legte er die Magisterprüfung ab.
Ab 1675 studierte er in Frankfurt/Oder die Rechtswissenschaften, u.a. bei seinem späteren Kollegen Samuel Stryck (1640-1710). 1679 schloss er das Studium mit der Promotion ab und hielt anschließend selbst Vorlesungen.
Am Reformationstag 1687 kündigte Thomasius in Leipzig eine Vorlesung in deutscher Sprache an – bis dahin war das Lesen in Latein die Regel. Nicht nur das: er schlug die Vorlesungsankündigung an das Schwarze Brett und an die Kirchentüren – bedenkt man das Datum ein symbolischer Akt. Zudem lautete der Titel seiner Vorlesung „Grundregeln, vernünftig, klug und artig zu leben“. Damit wollte er den Leipziger Studenten, die zu einem guten Teil aus Adligen bestanden, ins Gewissen reden. Mit den zwischen 1688 und 1689 publizierten Monats-Gesprächen machte er sich bald weitere Feinde, denn auch darin kritisierter er die Politik, die Zensur, das Steuerwesen u.v.m., auch dies in deutscher Sprache. In allen Schriften plädierte er für den Einsatz der Vernunft, Wahrhaftigkeit und Toleranz. All diese Äußerungen brachten ihm mehrfach den Vorwurf des Atheismus ein. Zuletzt musste Thomasius im März 1690 aus Leipzig fliehen.
Zuflucht fand er in Halle: Dem preußischen Kurfürsten Friedrich III., später König Friedrich I., kam Thomasius wie gerufen. Schon im April erhielt er den Titel als Kurfürstlicher Rat. Er begann zeitgleich an der halleschen Ritterakademie, der Vorläuferin der Universität, Vorlesungen zu halten. Thomasius war anschließend eines der Zugpferde der Universitätsgründung. In ihm hatte der Kurfürst zudem einen prominenten Unterstützer seiner Religionspolitik gefunden. Diese bestand darin, die eigene Konfession, den Calvinismus, weiter zu institutionalisieren und vor allem ein Umdenken bei den Untertanen hervorzurufen – nämlich nicht mehr die Trennung der beiden Kirchen zu betonen, sondern langfristig ihre Union anzustreben (Taatz-Jacobi). Thomasius war in Leipzig in Konflikt mit der lutherischen Orthodoxie geraten und betonte nun die vermittelnden Elemente vor allem der praktischen Frömmigkeit. Beide, Fürst und Gelehrter, sahen im aufkeimenden Pietismus eine Chance für diese verbindenden Elemente. So hat Thomasius eine Schlüsselposition in der Ausrichtung der neuen halleschen Universität eingenommen und neben seinem Fach, den Rechtswissenschaften, ganz maßgeblich die Besetzung der anderen Fakultäten mitgeprägt. Er war nach Gründung der Universität Professor primarius und Senior der Juristenfakultät. Hier wirkte er bis zu seinem Tod 1728. Der „Vater der Aufklärung“, wie er bereits im 18. Jahrhundert bezeichnet wurde (Meumann, S. 78), plädierte – vor allem im Hinblick auf seine Leistung als Universitätsreformer – für den praktischen Gebrauch des eigenen Verstandes und des erworbenen Wissens, im Gegensatz zum einfachen Wiedergeben von auswendig Gelerntem.
Thomasius hatte am 17. Februar 1680 in Leipzig Augusta Christina Heyland (1655-1739) geheiratet. Sie war die Tochter des braunschweig-lüneburgischen Geheim- und Hofrats Polycarp Heyland (1614-1662).
Bild: Zentrale Kustodie, MLU Halle-Wittenberg
Quellen: ADB, Bd. 38, Leipzig 1894, S. 93ff.; BBKL, Bd. 11, Hamm 1996, Sp. 1427ff.; Dreyhaupt, S. 735; Erler, Georg: Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig, Bd. 2, Leipzig 1897, S. 457; Förster, S. 273; Friedländer, Ernst (Hg.): Ältere Universitäts-Matrikeln. I. Universität Frankfurt (Oder). Bd. 2 (1649–1811). Leipzig 1888. S. 148; Meumann, Markus: Diskursive Formationen zwischen Esoterik, Pietismus und Aufklärung: Halle um 1700, in: Aufklärung und Esoterik. Rezeption – Integration – Konfrontation, hg. von Monika Neugebauer-Wölk unter Mitarbeit von Andre Rudolph, Tübingen 2008 (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 37), S. 77-114; Taatz-Jacobi, Marianne: Erwünschte Harmonie. Die Gründung der Universität Halle als Instrument brandenburg-preußischer Konfessionspolitik. Motive, Verfahren, Mythos (1680–1713). Berlin 2014.
Autorin: JS