Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Carl Heinrich Dzondi (Schunde)

geboren: 25.September 1770 Oberwinkel bei Waldenburg (Schönburg, heute Sachsen)
gestorben: 1. Juni 1835 Halle
Konfession: evangelisch-lutherisch
Vater: Pfarrer

Carl Heinrich Dzondi (Schunde)

Vom Vater und einem Onkel vorgebildet, besuchte Schunde ab 1785 das Gymnasium Altenburg, danach die Universität Wittenberg wo er zunächst Theologie studierte. Das notwendige Geld erhielt er nach dem Tod des Vaters von der weitverzweigten Familie, außerdem bekam er ein Stipendium, arbeitete als Hauslehrer und fertigte zu festlichen Anlässen Gedichte. 1793 legte er das theologische Examen ab und wurde Hauslehrer in der Familie eines Professors der Juristenfakultät. Zugleich setzte er seine philologischen und philosophischen Studien fort. 1799 habilitierte sich Schunde an der Philosophischen Fakultät der Universität Wittenberg und wurde mit der Dissertation »Vindiciae antiquatis carminum ossiani« zum »Doctor der Weltweisheit«, also Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr folgte die Ernennung zum Adjunkten und damit Privatdozent an der Universität Wittenberg. Das von ihm vertretene Spektrum war breit, es reichte von der Naturphilosophie über Englisch bis zur Enzyklopädie und Pädagogik. 1801 begann er mit dem Studium der Medizin. 1802 erhielt er die Kustodenstelle der Universitätsbibliothek. 1805 war er für die Beendigung seines Studiums beurlaubt und unternahm kurze Forschungsreisen nach Leipzig und Würzburg. 1806 promovierte Schunde an der Universität Wittenberg mit der Dissertation »Supplementa ad anatomiam et physiologiam comparatum zum Dr. med. et chir. Im selben Jahr gab er sich den Namen Dzondi, da ihm seine Namensform »Schundenius« als nicht angemessen für einen möglicherweise einmal »berühmten Arzt« erschien. Als 1806 französische Truppen in Wittenberg stationiert wurden, trat Dzondi den Dienst in einem Lazarett an und wurde Privatdozent in der Medizischen Fakultät, wo er vor allem allgemeine und spezielle Therapeutik las. Außerdem beschäftigte er sich intensiv mit der Gall’schen Schädellehre. Ab 1807 leitete er eine im Augusteum untergebrachte chirurgische Abteilung und bot an der Universität entsprechende Kurse an. 1811 reiste Dzondi nach Wien um sich auf dem Gebiet der Augenheilkunde fortzubilden. In Wittenberg war er für eine außerordentliche Professur und als Leiter der neubegründeten Hebammenschule vorgesehen, bewarb sich jedoch von Wien auf bei der Westfälischen Regierung um eine Professur an der Universität Halle. Die neugeschaffene Professur für Chirurgie trat er zum Sommersemester 1811 an (Das Fach war bisher im Rahmen einer Sammelprofessur für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe vertreten). Dzondi las hier erfolgreich über Chirurgie und Augenheilkunde, allgemeine Therapeutik und Geburtshilfe. Er forschte über Entzündungen und Verbrennungen (»De inflammatione aphorismorum«, 1814; »Über Verbrennungen und das einzig sichere Mittel, sie in jedem Grade schnell und schmerzlos zu heilen«, 1816) und verbesserte mehrere chirurgische Behandlungsmethoden. So entwickelte er eine Bandage, durch die Schenkelhalsfrakturen ohne Verkürzung geheilt werden konnten sowie eine Operationsmethode, bei der er aus der Wange ein neues Augenlid formte. Während der Gefechte bei Halle sorgte Dzondi 1813 als Chirurg für die Verwundeten beider Kriegsparteien. Unmittelbar nach dem Sturz der französischen Herrschaft entzog ihm der preußische Staat nach einer Denunziation des Anatomen Johann-Friedrich Meckel das Gehalt. Eine Untersuchung erbrachte widersprüchliche Angaben zu den wissenschaftlichen Leistungen Dzondis, den Vorwurf der Anhänglichkeit an die französische Regierung konnte er jedoch nicht vollständig ausräumen. 1817 entließ der Preußische Staat Dzondi von der Leitung der Klinik. Obwohl staatliche Stellen diese Entscheidung später offenbar bedauerten erhielt er das Institut nicht zurück. Dzondi eröffnete jetzt eine Privatklinik, die von der Bevölkerung sehr gut angenommen wurde. Ab 1818 bot Dzondi erneut Vorlesungen über allgemeine Chirurgie an, seit 1822 war er wieder dekanables Fakultätsmitglied. Einen Ruf nach Greifswald lehnte er 1820 ebenso ab, wie ein Ruf an die Universität Erlangen. Das preußische Kultusministerium erhöhte Dzondis Professorengehalt und ermöglichte ihm Studienreisen nach Süddeutschland und Frankreich (1821), Holland und Großbritannien (1822). Neben seiner Tätigkeit als Operateur fanden zunehmend auch die Publikationen Dzondis Anerkennung. Zum Erfolg wurden sein »Lehrbuch der Chirurgie« (1824), eine Schrift über Geschlechtskrankheiten (»Neue zuverlässige Heilart der Lustseuche in allen ihren Formen bekannt gemacht«, 1826) sowie zahlreiche populärwissenschaftliche Darstellungen. 1832 gründete Dzondi die populärwissenschaftliche Zeitschrift »Humana: Eine Zeitschrift für Menschenkunde und Menschenwohl«, 1835 erschien sein Lehrbuch »Die Augenheilkunde für Jedermann, welche lehrt die Gesundheit der Augen zu erhalten und die Krankheit derselben bald und sicher zu heilen«. Medizinhistoriker beschäftigten sich mehrfach mit der Person Dzondis, die seinen Rang als Arzt herabsetzten und ihm Scharlatanerie vorwarfen. Dabei stellten sie die Unwirksamkeit seiner Methode der Syphillisbehandlung (»Dzondi’sche Pillenkur«), seinen philosophisch-anthropologischen Zugriff und menschliche Schwächen (besonders seine Eitelkeit) heraus. Die Ursache für die ungerechtfertigte Herabsetzung war jedoch der seit 1813 schwelende Vorwurf, dass Dzondi kein preußisch-deutscher Partiot gewesen sei.

Quellen: Frank Volkert, Carl Heinrich Dzondi (1770–1835), Diss. med. Halle 1999; Hans-Theodor Koch, Zwei Studienreisen des halleschen Chirurgen Carl Heinrich Dzondi (1770–1835) nach Paris (1821) und nach Holland, England, Schottland und Irland (1822) in Piechocki/Koch, Beiträge (1965); UAHW, Rep. 3, Nr. 245.

Autor: HE

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