Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Richard Lehmann

geboren: 17. Mai 1845 Neuzelle (Kreis Guben, Niederlausitz)
gestorben: 6. Juni 1942 Marburg
Konfession: evangelisch
Vater: Prediger, Seminardirektor

Richard Lehmann

Lehmann besuchte die Gymnasien in Guben und Landsberg (Warthe) musste die Schule jedoch wegen einer Augenerkrankung verlassen. Daher hielt er sich 1862/63 in Nizza auf, auf der Rückreise durchwanderte er Oberitalien und die Alpen. Ab 1863 studierte Lehmann klassische Philologie und Geschichte der Universität Halle, 1864 legte er als Externer die Reifeprüfung ab. 1865 leistete er Militärdienst als Einjährig Freiwilliger. Während des Feldzuges 1866 gegen Österreich nahm Lehmann als Unteroffizier der Infanterie an den Schlachten von Münchengrätz und Königgrätz teil (ausgezeichnet mit dem Militär-Ehrenzeichen 2. Klasse). Das Studium setzte er an der Universität Berlin fort. Da in Berlin und Halle jedoch noch immer die lateinische Sprache für Dissertationen vorgeschrieben war, reichte Lehmann seine Dissertation »Forschungen zur Geschichte des Abtes Hugo I. von Cluny (1049–1109)« 1869 an der Universität Göttingen ein und wurde zum Dr. phil. promoviert. 1870 trat er eine Stelle als Hilfslehrer an der lateinischen Hauptschule der Franckeschen Stiftungen an und legte die Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen ab. Am Frankreichfeldzug 1870/71 nahm Lehmann im Rang eines Secondelieutenant teil. Bei einem Gefecht bei Metz wurde er durch einen Schuss in den Unterschenkel schwer verwundet (ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse). Von 1871 bis 1873 arbeitete Lehmann als Hilfslehrer am Stadtgymnasium Halle, ab 1873 war er ordentlicher, von 1875 bis 1885 Oberlehrer am Realgymnasium der Franckeschen Stiftungen. An der Universität Halle studierte Lehmann jetzt das neu installierte Fach Geographie, außerdem Geologie und Botanik. 1877, 1878, 1880 reiste er zu Studienzwecken nach Norwegen, diese Reisen finanzierte er durch Übersetzungen naturwissenschaftlicher Aufsätze aus dem Dänischen und Norwegischen. 1881 habilitierte sich Lehmann an der Universität Halle mit einer Schrift »Über ehemalige Strandlinien in anstehendem Fels in Norwegen«. Als Privatdozent widmete sich Lehmann vor allem Methodik der Schulgeographie (»Das Kartenzeichnen im Geographischen Unterricht«, 1891; »Vorlesungen über Hilfsmittel und Methode des geographischen Unterrichts« 2 Bände, 1894, 1913). 1896 veröffentlichte er einen Atlas für Mittel- und Oberklassen höherer Lehranstalten (gemeinsam mit W. Petzold, 5. Auflage 1912). Auch später beriet er mehrere kartographische Verlage, u. a. wirkte er an der Neugestaltung Andrees’ Handatlas mit. Die Entwicklung seines Fach trieb das Mitglied der Leopoldina durch substantielle Beiträge zur deutschen Landeskunde voran. Er initiierte die Gründung der »Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland«, von 1885 bis 1887 war er Vorsitzender der Kommission.
1885 wurde Lehmann als außerordentlicher Professor für Geographie an die Akademie in Münster berufen. Als Rektor und Prorektor der Akademie trieb er erfolgreich ihren Ausbau zur Volluniversität (1902) voran. Lehmann initiierte die Bildung einer Rechtswissenschaftlichen Fakultät und überzeugte die Stadt von der Notwendigkeit der Finanzierung eines anatomischen und physiologischen Instituts (geehrt mit dem Dr. jur. h. c. und dem Dr. med. h. c.). 1905 erlitt Lehmann während einer Vorlesung einen Schwächeanfall und wurde 1906 krankheitshalber emeritiert, jedoch während des Ersten Weltkrieges vorübergehend reaktiviert. Wegen der Besetzung Münsters nach dem Ersten Weltkrieg siedelte er nach Hessen über und verbrachte seinen Lebensabend in Marburg. Hier verfasste er die populäre Schrift »Naturwissenschaft und biblische Wunderfrage« (1930), die, wie er in einem Lebenslauf schrieb, auf »allen« Gebieten »die völlige Unhaltbarkeit der materialistischen Weltanschauung« zeigen wollte.

Quellen: Leopoldina-Archiv MM 2356 (R. Lehmann); K.-H. Krause, 125 Jahre Lehrstuhl für Geographie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (1873–1998), in: Hallesche Studien zur Geographie, Band 1, 2000.

Autor: HE

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