Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Noch kein Bild vorhanden.

Robert Friedberg

geboren: 28. Juni 1851 Berlin
gestorben: 20. Juni 1920 Berlin
Konfession: israelitisch, ab 1884 evangelisch
Vater: Fabrikbesitzer

Robert Friedberg

Nach dem Besuch der Wohlthatschen Knabenschule und der Quarta der Louisenstädtischen Realschule trat Friedberg in das Cöllnische Gymnasium Berlin ein. 1871 legte er die Reifeprüfung ab. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Berlin, Heidelberg und Leipzig. 1875 promovierte er an der Universität Leipzig mit der Dissertation »Die Börsensteuer« zum Dr. phil. In der Schrift unterzog er verschiedene Steuerarten einer vernichtenden Kritik, als Ersatz für die ineffizienten und ungerechten Verwaltungs- und Grundsteuern schlug Friedberg eine Abgabe auf gehandelte Aktien in Höhe von 0,2 % des Nominalwertes vor. In ähnlicher Form wurde dieser Vorschlag in den 1960er Jahren durch den US-amerikanischen Ökonomen James Tobin (Nobelpreis 1981) wiederholt. Nach längerem Aufenthalt in Frankreich und England habilitierte sich Friedberg 1877 mit einer Schrift »Über die Besteuerung der Gemeinden« an der Universität Leipzig für das Fach Staatswissenschaften. In seiner Habilitationsschrift und zahlreichen weiteren Schriften verglich er verschiedene europäische Steuersysteme und kritisierte immer wieder das bürokratische, regional zersplitterte deutsche Modell. 1885 wurde Friedberg, der sich auch in der nationalliberalen Partei engagiert hatte, als außerordentlicher Professor an die Universität Halle berufen. Die Beförderung zum ordentlichen Professor folgte, obwohl Friedberg von der Lehre meist beurlaubt war, 1894. Ohnehin ordnete er die akademische der politischen Tätigkeit unter, er selbst sah sich als Berufspolitiker. Als Friedberg 1904 zum Vorsitzenden des Geschäftsausschusses der nationalliberalen Partei gewählt wurde, trat er vom Universitätsamt zurück. Von 1886 bis 1918 gehörte er der nationalliberalen Fraktion im preußischen Abgeordnetenhaus an, ab 1906 war er Fraktionsführer, ab 1913 Landesvorsitzer und ab 1917 Vorsitzender der Nationalliberalen Partei. Dem Reichstag gehörte Friedberg von 1893 bis 1898 an. 1917 trat Friedberg in das Kabinett des Reichskanzlers Hertling ein, verließ die Reichsregierung jedoch nach wenigen Tagen, um das Amt des Vizepräsidenten des Preußischen Staatsministeriums zu übernehmen. Er bemühte sich um eine Reform des Wahlrechtes, anstelle des Drei-Klassen-Systems beabsichtigte er die Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts. Bei den Konservativen und beim Zentrum stieß er auf Widerstand, in der Nationalliberalen Partei wurde die fällige Reform vom rechten, der Schwerindustrie nahestehenden Flügel blockiert. Erst im September 1918 setzte sich Friedberg durch. Ebenfalls im September 1918 trat Friedberg in das Kriegskabinett des Kanzlers Max von Baden ein, da er bereits seit 1917 für einen Verständigungsfrieden plädiert hatte. 1919 kandidierte Friedberg für die Nationalversammlung, im Preußischen Parlament wirkte er als Fraktionsvorsitzender der Deutschen Demokratischen Partei. Von rechter Seite erhob sich der Vorwurf, dass er durch sein Zugehen auf die demokratischen Kräfte die Nationalliberale Partei gespalten habe.

Quellen: NDB Band 5, S. 445 f.; Chronik; Habilitationsschrift; Wilhelm Ribhegge, Frieden für Europa: Die Politik der deutschen Reichstagsmehrheit 1917/18, Essen 1988, S. 190, 360, 368.

Autor: HE

Zum Seitenanfang