Hans Gallwitz
geboren: | 24. November 1896 Sigmaringen |
gestorben: | 1958 Halle |
Konfession: | evangelisch |
Vater: | Superintendant |
Hans Gallwitz
Erich Walter Hans-Friedrich Gallwitz wurde am 24.11.1896 als Sohn eines Superintendenten in Sigmaringen geboren. Er machte 1914 ein Notabitur in Halberstadt, um sich als Kriegsfreiwilliger zu melden. Im Verlauf des Krieges wurde er vier Mal verwundet und konnte erst 1919 das Lazarett verlassen. Er studierte zunächst zwei Semester Theologie in Tübingen und arbeitete dann ein Jahr praktisch im Siedlungswesen und in Moorkultur. 1922 begann er das Studium der Naturwissenschaft in Göttingen, wo ihn besonders die Professoren James Franck (Physik) und Hans Stille (Geologie) prägten.
1926 promovierte er dort. Er arbeitete daraufhin als Assistent am Mineralogisch-Geologischen Institut der TH Dresden. Dort habilitierte er sich 1929 für das Lehrgebiet Geologie und Paläontologie und wurde 1935 zum nicht beamteten außerordentlichen Professor ernannt. Zwischen 1939 und 1945 arbeitete er sowohl als Wehrgeologe als auch als außerplanmäßiger Professor an der TH Wien. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft war er zunächst als naturwissenschaftlicher Lehrer an der Klosterschule Roßleben tätig. 1946 wurde er zum Professor und Direktor des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Halle berufen. Dort war er von 1950-1952 Dekan, anschließend Prodekan und lehrte bis zu seinem Tod 1958.
1933 meldete er sich freiwillig, geschlossen mit der ihm nahestenden Studentengruppe „Deutsche Freischar“ zur SA. Nachdem diese auf verschiedene Stürme aufgeteilt wurde, verließ er die SA 1934 wieder. Nach eigener Angabe setzte er sich erfolgreich für die Befreiung Willy Rolles aus der Gefangenschaft in Heidenau bei Dresden ein. Ein bereits erteilter Ruf nach Jena wurde durch den Einspruch des NS-Lehrerbundes 1934 verhindert. Von 1939-45 war er als Wehrgeologe unter anderem auf dem Balkan, in Norwegen, in der Gegend von Minsk und in den Alpen eingesetzt. Von Mai bis Juni 1945 war er in Kriegsgefangenschaft in Helfta und Naumburg.
Wegen seiner Einstellung hatte er in der DDR diverse Auseinandersetzungen. So wurde ihm eine „theologische Perspektive“ beim Behandeln naturwissenschaftlicher Grenzprobleme sowie ein dem Fortschritt nicht angemessener Unterricht vorgeworfen. 1953 setzte er sich für die Studenten der ESG Halle ein und es kam zu ersten Reibungen mit der Staatsmacht. Als Mitglied des 1958 verbotenen Spiritus-Kreises wurde er von SED und Universitätsleitung der Universität attackiert. 1957 wurde ein Disziplinarverfahren gegen Gallwitz eingeleitet. Er hatte einem Abiturienten zur Reise in die BRD verholfen. Nach seiner Rückkehr in die DDR wurde diesem sein bereits vor der Reise anerkannter Studienplatz aberkannt, doch Gallwitz ließ ihn weiterhin an seiner Vorlesung teilnehmen. Dies hatte zu „Unruhen“ in der Studentenschaft geführt. Während des Verfahrens nahm Gallwitz trotz gesundheitlicher Beschwerden 1958 an einer Tagung in Wien teil. Auf seiner Rückreise am 09.10.58 verstarb er. Er wurde auf dem halleschen Laurentiusfriedhof beerdigt.
1928 heiratete er Ruth Klaus, dieser Ehe entstammen fünf Kinder.
Organisationen: Von 1933-45 war er in NSV, NSLB und NSDozB. 1945 trat er in die LDP und den FDGB ein. Ab 1950 war er Mitglied der Leopoldina, von 1952 bis zu seinem Tod Sekretär ihrer Naturwissenschaftlichen Abteilung und ab 1955 korrespondierendes Mitglied der Geologischen Gesellschaft zu Wien.
Quellen: UA Halle-Wittenberg, Rep.11/PA 6466
Auswahl weiterer Literatur: Buchholz, Werner (Hg.): Die Universität Greifswald und die deutsche Hochschullandschaft im 19. und 20. Jahrhundert; Stuttgart 2004.
Gerstengarbe, Sybille: Das Mitglied der Leopoldina HANS GALLWITZ und seine Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht 1946 - 1958. Hallesches Jahrb. Geowiss. B 19, (1997), 17-36
Gerstengarbe, Sybille; Hennig, Horst: Opposition, Widerstand und Verfolgung an der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg; Leipzig 2009, S. 353ff. (Beitrag: Der Dekan und Geologe Hans Gallwitz wird von Leo Stern verfolgt)
Sybille Gerstengarbe und Horst Hennig: Opposition, Widerstand und Verfolgung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1945 -1961. Eine Dokumentation. Leipzig 2009, 135, 255f., 263 passim
Stengel, Friedemann: Die Theologischen Fakultäten in der DDR als Problem der Kirchen- und Hochschulpolitik des SED-Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970/71. Leipzig 1998.
Stengel, Friedemann: Zur Kirchen- und Hochschulpolitik der SED am Beispiel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in den fünfziger Jahren. In: Vorträge und Abhandlungen zur Wissenschaftsgeschichte 1999/2000, hrsg. von Wieland Berg, Sybille Gerstengarbe, Andreas Kleinert und Benno Parthier. Heidelberg 2000 (Acta Historica Leopoldina 36), 25-61
Zeitzeugnisse, S. 10, 20-23, 24 f.
Bild: UAHW
Autor: AK