Hanns von Lengerken
geboren: | 10. Oktober 1889 Belleville (Illinois, USA) |
gestorben: | 25. Dezember 1966 Weingarten (Württemberg) |
Konfession: | evangelisch |
Vater: | Oberstudienrat, Professor der TH Danzig-Langfuhr |
Hanns von Lengerken
Die Reifeprüfung legte von Lengerken 1909 in Danzig ab. Danach leistete er Militärdienst als Einjährig Freiwilliger und begann das Studium der Naturwissenschaften an der TH in Danzig-Langfuhr. Nach wenigen Semestern wechselte er an die Universität Berlin und konzentrierte sich vor allem auf das Studium der Zoologie. Parallel zum Studiums absolvierte er im Zoologischen Museum der Universität Berlin eine Ausbildung zum Museumsdienst. 1913 promovierte von Lengerken an der Universität Berlin mit der Dissertation »Die Kolbenzellen von Anguilla und Petromyzon« zum Dr. phil. Von 1914 bis 1918 leistete er Kriegsdienst als Leutnant in einem Infanterieregiment der Landwehr. Zunächst an der Front eingesetzt und mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet, war er nach einer Verwundung nur noch garnisionsdienstfähig und arbeitete als Depotverwalter. 1919 trat von Lengerken eine Assistentenstelle am Zoologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin an. 1920 habilitiert las er an der Universität Berlin vor allem über Abstammungslehre und Insektenkunde, sein Lehrauftrag an der Landwirtschaftlichen Hochschule war der Schädlingskunde gewidmet. Außerdem war er Mitherausgeber der »Bibliothek für Landwirte«. 1923 wurde von Lengerken zum außerordentlichen Professor und Oberassistent befördert. 1935 erhielt er eine ordentliche Professur für Zoologie und wurde zum Direktor des Instituts für Landwirtschaftliche Zoologie ernannt. Wenig später übernahm er die Stelle des Verwaltungsdirektors des Museums für Naturkunde, zugleich leitete er das Zoologische Museum der Universität Berlin. Ab 1935 war von Lengerken mehrfach Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität, bis 1945 amtierte er als Prodekan. 1945 zunächst als kommissarischer Direktor im Amt belassen, erteilte ihm die Deutsche Verwaltung für Volksbildung mit der Entlassung zugleich einen – gering dotierten – Forschungsauftrag.
Wegen seiner unzweifelhaft nationalsozialistischer Überzeugung zog sich das Entnazifizierungsverfahren bis 1948 hin. Zwar sei er aus »Überzeugung der Partei beigetreten« machte von Lengerken geltend, durch die politischen Maßnahmen des Regimes jedoch zum »Gegner« geworden. Tatsächlich setzte er sich für einen später hingerichteten Kollegen ein, bürgte bei der Gestapo für einen Kommunisten, der 1945 im KZ Neuengamme ermordet wurde, und unterstützte dessen Familie finanziell. Als Dekan zögerte er die Entlassung von Kollegen jüdischer Abstammung bis 1938 hinaus. Einen entlassenen Professor – der den Holocaust überlebte – beschäftigte er im Museum weiter. Eingeworbene Mittel einer Schädlingsbekämpfungsgesellschaft leitete er an diesen um. Berliner Stellen lehnten eine Wiederbeschäftigung von Lengerken trotzdem bis 1950 ab, da dessen Berufung 1935 in der Rückschau als politisch »begünstigt« erschien und er als einiger Biologe der Universität der NSDAP angehört hätte. Da jedoch in der DDR erheblicher Mangel an Fachkräften bestand und die neu gegründete Landwirtschaftliche Fakultät dringend nach einem Entomologen suchte, wurde von Lengerken Ende 1949 zum ordentlichen Professor für Zoologie an der Universität Halle berufen. Hier las er vor allem angewandte Entomologie und Schädlingskunde, vertrat jedoch als Direktor des Instituts für landwirtschaftliche Zoologie und Haustierkunde auch andere Gebiete. Ab 1952 amtierte er als Prodekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Bei seiner Berufung an die Universität Halle war von Lengerkens wissenschaftlicher Rang umstritten. Seine in der Zeit der Arbeitslosigkeit verfassten Schriften »Einführung in die Allgemeine Zoologie für Studierende« (1949) und »Einführung in die Haustierkunde« (1952, 2. Auflage 1953) seien ebenso wie »Das Schädlingsbuch« (1932) und die Studie »Coleptera« (1927) »reine Kompilationen«. Anerkannt wurden jedoch seine zahlreichen Beiträge über Ecto- und Endobiosen, vor allem zur Lebensgemeinschaft phytophager Käfer, Pilze und Bakterien (»Lebenserscheinungen der Käfer«, 1928). Nicht zuletzt hatte von Lengerken wichtige physiologische Arbeiten über Käfer und deren Larven verfasst (u. a. über Mondkäfer und Skarabaeen). Als von Lengerken 1953 in die Leopoldina aufgenommen wurde, beurteilten Berthold Klatt und Hans Stubbe dessen Werk ebenfalls kritisch, die Arbeiten zu den Biozönosen seien jedoch ebenso ausgesprochen »originale Leistungen« wie die 13teilige Arbeit über die »Lebenserscheinungen der Aaskäfer« und die Studie »Brutfürsorge und Brutpflegeinstinkte der Käfer« (1939, 2. Auflage 1954). In historischer Sicht interessant erscheint auch die Studie über »Ur, Hausrind und Mensch« (1955) interessant.
Obwohl von Lengerkens Amtszeit als Ordinarius 1957 verlängert wurde, konnte er die Vorlesungstätigkeit nur bis 1958 – den von der SED initiierten Säuberungen – fortsetzen. 1959 siedelte er nach West-Berlin um, seinen Lebensabend verbrachte von Lengerken bei seiner Familie am Bodensee.
Er setzte sich in der DDR für Universitätsangehörige ein, die aus politischen Gründen verfolgt wurden.
Organisationen: 1932 Eintritt in die NSDAP, 1937 Eintritt in den NS-Dozentenbund, NSV, RLB
Quelle: UAHW, Rep. 11, PA 10019 (von Lengerken); Otto Auersch, Leben und Wirken von Professor Dr. Hanns v. Lengerken, in: WZ MLU (MN), 1959, S. 1085–1088; Leopoldina-Archiv MM 4803 (von Lengerken).
Autor: HE, AK