Karl von Lilienthal
geboren: | 31. August 1853 Elberfeld |
gestorben: | 8. November 1927 Heidelberg |
Konfession: | evangelisch |
Vater: | Kaufmann |
Karl von Lilienthal
Den ersten Unterricht erhielt von Lilienthal im elterlichen Haus, später besuchte er das Gymnasium in Elberfeld. Mit 15 Jahren bestand er die Reifeprüfung begann das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Berlin. Außerdem hörte er philosophische und historische sowie eine psychiatrische Vorlesung. 1873 wurde er – ohne Dissertation – an der Universität Heidelberg zum Dr. jur. promoviert. Danach absolvierte er das Referendariat in Elberfeld und arbeitete als Assessor bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht Elberfeld. 1879 habilitierte er sich mit der Schrift »Beiträge zur Lehre von den Kollektivdelikten« an der Universität Halle für das Gebiet Strafrecht. Seine Antrittsvorlesung hielt er über die Wuchergesetzgebung in Preußen. Auf Betreiben Adolf Dochows verfasste von Lilienthal zahlreiche Artikel für Holtzendorffs Rechtslexikon, mit der Gründung der Zeitschrift für die gesamte Rechtswissenschaft durch Dochow und Franz von Liszt übernahm er in ihr die Literaturberichterstattung. Nach dem Tod Dochows 1881 wurde er Mitherausgeber. 1882 nahm er den Ruf auf das Ordinariat für Strafrecht an der Universität Zürich an. 1889 wechselte er als Nachfolger von Liszts an die Universität Marburg, ab 1896 lehrte er an der Universität Heidelberg Strafrecht und Strafprozessrecht. Von 1902 bis 1919 war er zugleich Richter am Großherzoglichen Landgericht Heidelberg. 1919 wurde von Lilienthal emeritiert und zugleich zum ordentlichen Honorarprofessor ernannt, 1924 trat er in den Ruhestand. In Heidelberg amtierte von Lilienthal mehrfach als Dekan der Juristischen Fakultät und 1912/13 als Prorektor der Universität. Von Lilienthal widmete sich zahlreichen Einzelfragen des Straf- und Strafprozessrechts, so den Prozessen gegen Jugendliche, Sittlichkeitsverbrechen der sozialen Funktion von Strafen, sogar der Frage der Beurteilung von Verbrechen unter dem Einfluss von Hypnose. In diesen Arbeiten trat er ebenso wie in seinen zahlreichen Rezensionen für eine Versachlichung der Diskussion und kriminalpolitische Kompromisse ein. 1902 wurde er in das vom Reichsjustizamt gebildete Strafrechtskomitee berufen und arbeitete an der sechszehnbändigen »Vergleichenden Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts« mit. Den dann von Praktikern erstellten Vorentwurf für das Strafgesetzbuch begrüßte von Lilienthal als Fortschritt, beteiligte sich jedoch an der Abfassung eines 1911 vorgelegten Alternativentwurf. 1925 legte er eine weitere Kritik am nun amtlichen Entwurf zum Strafgesetzbuch vor, in der er unter anderem die Tilgung des Abtreibungsparagraphen und das Ende der Bestrafung homosexuellen Geschlechtsverkehrs forderte.
Quellen: Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon, Band 3, S. 165; NDB, Band 14, S. 558 f.; Karl von Lilienthal, in: Die Rechtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen« Band 3 (1929) S. 89–124.
Autor: HE