John Meier
geboren: | 14. Juni 1864 Vahr (Gemeinde Horn, Stadt Bremen) |
gestorben: | 3. Mai 1953 Freiburg im Breisgau |
Konfession: | evangelisch-reformiert |
Vater: | Bürgermeister |
John Meier
Die Reifeprüfung legte Meier 1883 am Alten Gymnasium Bremen ab. An den Universitäten Tübingen und Freiburg studierte er germanische und romanische Philologie, Anglistik, Geschichte und Anthropologie. 1888 promovierte er in Freiburg mit der Dissertation »Untersuchungen über den Dichter und die Sprache der 'Jolande'«. 1891 habilitierte er sich an der Universität Halle mit der Schrift »Studien zur Sprach- und Literaturgeschichte der Rheinlande« im Mittelalter. Beleg für Meiers schon zu dieser Zeit stark ausgeprägten kulturgeschichtlichen Interessen ist seine Antrittsvorlesung über das Badewesen im Mittelalter. Bei Recherchen in der Ratsschulbibliothek Zwickau fand Meier zwei Ausgaben der Liedersammlung »Bergreihen« von 1531 und 1533, die er 1892 edierte. 1894 veröffentlichte er als Festgabe zum 200-jährigen Jubiläum der Universität Halle ein Buch über die hallische Studentensprache. In der Folgezeit wandte er sich verstärkt der Liederforschung zu und formulierte, gestützt durch zahlreiche Beispiele, die These von der offensichtlich dichterischen Vorlage vieler Volkslieder und wies damit die romantische Vorstellung von einer Kollektivdichtung zurück. 1899 erhielt Meier ein Ordinariat an der Universität Basel für deutsche Philologie und begann sofort mit der systematischen Sammlung von Liedern, 1906 gründete er das schweizerische Volksliedarchiv. Von 1905 bis 1912 wirkte er als Obmann der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde. Ab 1911 war er Leiter des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde. 1912 zog er nach Freiburg im Breisgau um und erhielt dort an der Universität den Status eines ordentlichen Honorarprofessors. 1914 gründete er in Freiburg das Deutsche Volksliedarchiv. Meier war Herausgeber des Jahrbuchs für Volksliedforschung, ab 1935 edierte er eine kritisch kommentierte Sammlung deutscher Volkslieder. Sein Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus ist umstritten. Immer wieder trat Meier für wissenschaftliche Standards in der Volkskunde ein. Mit dem Blick auf Scharlatanerie, ideologische Überhöhungen und die politische Vereinnahmung der Volkskunde forderte er auf dem 5. deutschen Volkskundetag 1938, »dass ein jeder Forscher ernsthaft, wissenschaftlich, methodisch und unvoreingenommen« arbeiten solle. Darüber hinaus apellierte er auf der Tagung daran, andere Völker verstehen zu lernen und zu achten: »Dies Verständnis fremden Volkstums ist der erste und wichtigste Schritt, Völker einander näher zu führen…« So ehrenhaft Meiers Appell war, so wenig fruchtete er. Meier selbst lavierte als Vorsitzender des Verbandes, er suchte Kompromisse und machte Themen der Zeit (deutsche Sprachinseln, Bauerntum) zum Gegenstand von Kongressen. Der Verband und besonders das Volksliedarchiv weckten jedoch Begehrlichkeiten sowohl in der NSDAP – speziell Alfred Rosenbergs Amt – und der SS. Meier entschied sich, nicht zuletzt nach persönlichen Drohungen von Seiten des Amtes Rosenberg, für die Zusammenarbeit mit dem Ahnenerbe der SS. Das Archiv versprach Meier schließlich der Universität Freiburg, laufende Forschungen wurden vom Ahnenerbe weitergeführt. Die Leitung Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde legte er 1948 nieder. Das Deutsche Volksliedarchiv übereignete er dem Land Baden-Württemberg. Die DDR ehrte Meier 1952 mit dem Nationalpreis, die Bundesrepublik mit dem Bundesverdienstkreuz.
Organisationen: -
Quellen: UAHW, Rep. 21, Abt. III Nr. 141; Kürschner; Anka Oesterle, Letzte Autonomieversuche: Der Volkskundler John Meier – Strategie und Taktik des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde 1933–1945. In: John u. a., S. 151–162.; www.dva.uni-freiburg.de; NDB Band 16, S. 643f; BA R 4901/13271