Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

August Hermann Niemeyer

August Hermann Niemeyer

geboren:1. September 1754 Halle
gestorben:7. Juli 1828 Halle
Konfession:evangelisch
Vater:Johann Konrad Philipp Niemeyer (1711–1767), Prediger, Diakon und Archidiakon in Halle

August Hermann Niemeyer

Niemeyer war der Urenkel des Waisenhausgründers August Hermann Francke (1663-1727) und trat, wie viele seiner Familienmitglieder, in die theologischen Fußstapfen seines berühmten Vorfahren. Zunächst erhielt er die erste Bildung durch seinen Vater, aber beide Eltern verstarben bereits in den 1760er Jahren. Er wuchs im Haus einer Arztwitwe auf und besuchte in familiärer Tradition das Königliche Pädagogium der Franckeschen Stiftungen.

1771 begann Niemeyer das Studium der Theologie, wobei er bereits zehn Jahre zuvor im Kindesalter an der Universität eingeschrieben worden war. Der Vater bereitete ihm so die akademische Laufbahn.

1777 schloss er das Studium mit dem Magistertitel ab und arbeitete zunächst als Privatdozent an der halleschen Universität und gleichzeitig als Lehrer an verschiedenen Schulen der Franckeschen Anstalten.

Am 21. Februar 1779 erhielt er den Ruf auf eine außerordentliche Professur der Theologie sowie das Inspektorat des Theologischen Seminars. Am 12. März 1784 erfolgte die Berufung auf die ordentliche Professur der Theologie. Zudem wurde er Aufseher des Königlichen Pädagogiums, das er selbst als Schüler besucht hatte. 1785 wurde Niemeyer, neben Georg Christian Knapp (1753-1825), zum Mitdirektor der Franckeschen Stiftungen ernannt. "Seit 1799 haben beide als gleichberechtigte Direktoren das Erbe August Hermann Franckes mit Umsicht verwaltet, es in den Kriegswirren vor größeren inneren und äußeren Beschädigungen zu bewahren verstanden und in den Anstalten einem neuen, aufgeklärten Geist zum Durchbruch verholfen." (Stephan, S. 53).

Niemeyers Vorlesungen waren sehr gut besucht. Vor allem widmete er sich neben den theologischen Grundfächern der Pädagogik. Er gründete 1787 das Pädagogische Seminar an der Universität und wurde dessen Vorsteher. Die Theorie des Unterrichts und der Erziehung wurden zu seinem akademischen Schwerpunkt

In den späten 1780er Jahren geriet Niemeyer zunehmend ins Visier des Staats- und Justizministers Johann Christoph von Wöllner, der jegliches aufklärerisches Gedankengut aus der Religion heraushalten wollte. Da Niemeyer keinen Hehl aus seinen neologischen, also aufgeklärten Überzeugungen und aus seiner Abneigung gegen den Eingriff des Staates in die Belange der Universität und gar der Theologischen Fakultät machte, geriet er in heftigen Konflikt mit Wöllner. Dies hatte schließlich zur Folge, dass Niemeyer keine dogmatischen Vorlesungen mehr halten konnte. Aber nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. 1797 wurde Niemeyer sofort rehabilitiert und gehörte fortan zu den theologischen Beratern des Königs. 1804 wurde er Mitglied des Berliner Oberschulkollegiums und zum Oberkonsitorialrat ernannt.

Nachdem im Oktober 1806 napoleonische Truppen Halle einnahmen und die Universität schlossen, gehörte Niemeyer zu den fünf Honoratioren der Stadt, die als Geiseln an die Mosel verschleppt wurden. Er setzte sich schon während der Gefangenschaft und intensiv nach seiner Freilassung für die Wiedereröffnung der Universität ein. Als Halle dem Königreich Westfalen zugeschlagen wurde, wurde Niemeyer dem König von Westfalen, Jerome Bonaparte, empfohlen. Dieser setzte ihn als immer währenden Kanzler und Rektor der Universität ein und ließ diese 1808 wieder eröffnen.

Auch als nach 1815 die Universität, nun wieder preußisch, neu geordnet werden musste und langfristig mit der Universität Wittenberg fusionieren sollte, war es Niemeyer, der den entscheidenden Kommissionen vorstand. Das Rektorenamt gab er 1816 ab, aber Kanzler blieb er ein Leben lang.

Niemeyer war seit dem 5. Oktober 1786 mit Agnes Wilhelmine von Köpken (1769-1847) verheiratet, die Tochter des Magdeburger Hofrates Friedrich von Köpken. Das Paar hatte 15 Kinder, von denen später einige die Universität prägen sollten.

Die Kanzlerin Niemeyer, wie Agnes Wilhelmine Niemeyer genannt wurde, führte einen Salon, in dem die bürgerliche Gesellschaft Halles ein und aus ging. Das Niemeyersche Haus war bald Mittelpunkt des geistigen Lebens. Zahlreiche Gelehrte und Dichter der Zeit, u.a. Goethe und Schiller, waren hier zu Gast. Darüber hinaus gründete Niemeyer das "Hallische Patriotische Wochenblatt", eine Wochzeitschrift, die das bürgerliche Publikum unterhalten und informieren, aber auch für die Armenfürsorge werben sollte.

Organisationen:

1817 Ritter des Roten Adlerordens 3. Klasse

1826 Ritter des Roten Adlerordens 2. Klasse

Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften

Bild: Vincent Eisfeld

Quellen: ADB, Bd. 23, Leipzig 1886, S. 677ff.; BBKL, Bd. 6, Hamm 1993, S. 733ff.; Förster, S. 250; Klosterberg, Brigitte: Licht und Schatten. August Hermann Niemeyer - ein Leben an der Epochenwende um 1800. Halle 2004 (Kataloge der Franckeschen Stiftungen, 13); Stephan, Christian: Die stumme Fakultät. Biographische Beiträge zur Geschichte der Theologischen Fakultät der Universität Halle, Dössel 2005, S. 52-57; UAHW Matrikelverzeichnisse nach 1744, Bd. 2, Bl. 252; UAHW Rep 3, Nr. 239 Ernennung der Adjunkten, außerordentlichen und ordentlichen Professoren bei der Theologischen Fakultät 1691-1807.

Autorin: JS

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