Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Kranz, Walther

Kranz, Walther

geboren:23.11.1884 Georgsmarienhütte
gestorben:18.9.1960 Bonn
Konfession:evangelisch
Vater:Rentner

Kranz, Walther

Klassischer Philologe

Walther Kranz war an der Universität Halle als Honorarprofessor für Didaktik der Alten Sprachen tätig, als er im Sommer 1937 wegen der jüdischen Abstammung seiner Ehefrau zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde. Er, der geborene Pädagoge, der sich nach der Promotion in Berlin (1910) bewusst für den Lehrerberuf entschieden hatte und seit 1928 das Internatsgymnasium in Schulpforte leitete, hatte sich bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aufgrund einer gegen seine Person gerichteten Hetzkampagne gezwungen gesehen, sein Rektorenamt aufzugeben und gegen eine Studienratsstelle an der Latina in Halle einzutauschen. Nun, nach dem Entzug der Lehrerlaubnis, lebte Kranz mehrere Jahre lang in stetiger Angst um das Leben seiner Frau als Privatmann in Kleinmachnow bei Berlin, ehe für beide doch noch die Stunde der Rettung kam: Durch die Vermittlung eines in die Türkei emigrierten Freundes wurde Kranz 1943 an die Universität Istanbul auf einen neueingerichteten Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie berufen, und nach zermürbenden Kämpfen mit den deutschen Behörden gelang es ihm tatsächlich noch zu diesem späten Zeitpunkt, sowohl für sich als auch für seine Frau eine Ausreisegenehmigung zu erwirken. Bei seiner Ankunft in der Türkei von dem Gefühl beseelt, „ins Paradies“ gekommen zu sein, fühlte er sich auch in den folgenden Jahren in seinem Exil ausgesprochen wohl. Nach dem Krieg sehnte sich Kranz aber doch nach der Heimat zurück, und da Bemühungen um eine Rückkehr nach Halle scheiterten, nahm er 1950 dankbar das Angebot einer Honorarprofessur für Altsprachendidaktik an der Universität Bonn an, die ihm noch zehn Jahre produktiven wissenschaftlichen Arbeitens bescherte, ehe ein Herzinfarkt seinem Leben ein plötzliches Ende setzte.


Ausgewählte Publikationen von Walther Kranz

  • Stasimon. Untersuchungen zu Form und Gehalt der griechischen Tragödie. Berlin 1933.
  • Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch von Hermann Diels. 5. Aufl. hg. von Walther Kranz. Bd. 1, Berlin 1934 (6. Aufl. 1951); Bd. 2, Berlin 1935 (6. Aufl. 1952); Bd. 3, Berlin 1937 (6. Aufl. 1952).
  • Geschichte der griechischen Literatur. Leipzig 1939 (4. Aufl. 1960).
  • Kosmos (Archiv für Begriffsgeschichte 2,1.2). Bonn 1955/57. 
  • Studien zur antiken Literatur und ihrem Fortwirken. Kleine Schriften, hg. von Ernst Vogt. Heidelberg 1967 (mit Schriftenverzeichnis).

Literatur

  • Hans Herter: Walther Kranz †. In: Gnomon 32 (1960), 782–784 (Nachruf).
  • Gerhard Baader: Kranz, Walther. In: NDB 12 (1980), 674f.
  • Eckart Mensching: Walther Kranz: Die Jahre in Istanbul und Bonn. In: ders.: Nugae zur Philologie-Geschichte XIV. Berlin 2004, 36–130.
  • Petra Dorfmüller: Rectores Portenses. Leben und Werke der Rektoren der Landesschule Pforta von 1543 bis 1935. Beucha (Sachsen) 2006, 80–88 (mit ausführlicher Bibliographie).
  • Regina Meyer: Walther Kranz (1884–1960) – ein Denker im Sinne eines „Dritten Humanismus“. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 18 (2011), 80–90. 
  • „Wenn die Jugend nur etwas taugt …“. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff an Walther Kranz. 39 Dokumente, hg. und erläutert von Ernst Vogt (Sitzungsbericht der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 2016, Heft 1), München 2016

Bild aus: Studien zur antiken Literatur und ihrem Fortwirken. Kleine Schriften, hg. von Ernst Vogt. Heidelberg 1967 (Frontispiz). Für die Publikationserlaubnis sei Ernst Vogt (München) herzlich gedankt.

Schreiben von Walther Kranz an Rektor Prof. Dr. Otto Eißfeldt: UAH PA 9384.

Quelle: Friedemann Stengel (Hg.): Ausgeschlossen. Die 1933-1945 entlassenen Hochschullehrer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Halle 2016, S. 253 - 258

Autor: Michael Hillgruber

Weitere Bilder und Dokumente:

Dokument: Kranz, Walther

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