Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Tubandt, Carl und Wera

Tubandt, Carl und Wera

geboren:3.12.1878 Halle bzw. 9.3.1881 Odessa
gestorben:17.1.1942 Berlin bzw. 9.2.1944 Berlin
Konfession:evangelisch bzw. jüdisch später evangelisch
Vater:Tischlermeister bzw. Kaufmann

Tubandt, Carl und Wera

Carl Tubandt

Chemiker, Vertreter der Physikalischen Chemie

Wera Tubandt geb. Krilitschewsky

Chemikerin

Carl Tubandt wurde als Sohn des Tischlermeisters Friedrich Carl Tubandt und seiner Frau Wilhelmine geb. Terpe in Halle an der Saale geboren. Als er fünf Jahre alt war, starb sein Vater. Seine Mutter ermöglichte ihm den Besuch der Oberrealschule der Franckeschen Stiftungen, im Oktober 1888 wurde er dort ins Waisenhaus aufgenommen, wo er nach dem Tod der Mutter (1893, Carl war 15 Jahre alt) bleiben konnte. In all den Jahren war er Klassenbester unter 20 bis 30 Klassenkameraden. In der Realschule wurde kein Latein unterrichtet. Carl Tubandt lernte als erste Fremdsprache Französisch und als zweite Englisch. Im Februar 1900 verließ er die Schule mit dem Zeugnis der Reife und den Segenswünschen seiner Lehrer.

Er studierte von 1900 bis 1903 Chemie an der Universität in Halle und wurde am 18. Februar 1904 von der Philosophischen Fakultät promoviert. In seiner gedruckten Dissertation mit dem Thema: „Die Inversionsgeschwindigkeit des Menthons“ lesen wir: „Vorliegende Arbeit habe ich im Laboratorium des Herrn Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Volhard auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. Vorländer ausgeführt und im August 1903 abgeschlossen. Es sei mir gestattet, für die anregende und liebenswürdige Unterstützung hierdurch herzlichst zu danken.“

Während seines Studiums hatte er die Chemiestudentin Wera Krilitschewsky aus Odessa kennen und lieben gelernt. Wera stammte aus einer gebildeten jüdischen Kaufmannsfamilie. Sie war am 9. März 1881 in Odessa geboren, hatte dort das Mädchengymnasium besucht und mit dem Zeugnis der Reife abgeschlossen. Anschließend hatte sie in Odessa eine Lehrerinnenausbildung absolviert und war zum Wintersemester 1900/1901 als Hospitantin an die Universität in Halle gekommen, um Chemie und Philosophie zu studieren. Die Zahl der Hospitantinnen wechselte von Semester zu Semester. Im Sommersemester 1901 waren 21 der 42 Hospitantinnen Jüdinnen, davon 17 Russinnen.

Wera wohnte zeitweise mit anderen russischen Jüdinnen in einem Haus. 1902 bestand sie ihr Verbandsexamen. Sie hatte immer bei „Zweck des Vorlesungsbesuches“ „Promotion“ angegeben. Da dies offensichtlich an der hallischen Universität für Frauen nicht möglich war, wechselte sie an die Universität Gießen.

Am 4. September 1904 heirateten Carl Tubandt und Wera Krilitschewsky. Wera hatte sich zuvor evangelisch taufen lassen. Am 8. Dezember 1904 wurde sie in Gießen mit einer Sondergenehmigung als erste Frau in Hessen magna cum laude promoviert, mit der Dissertationsschrift „Zur Kenntnis des Cersulfat-Akkumulators“.

Seit 1903 war Carl Tubandt Assistent am Chemischen Institut in Halle. Als er seine Habilitation beantragte, gab es, wie aus dem Brief des Dekans der Philosophischen Fakultät, des Historikers Theodor Lindner, an den Kurator Gottfried Meyer vom 8. Februar 1907 hervorgeht, eine bemerkenswerte Schwierigkeit:

„Herr Dr. Tubandt hat als Abiturient der Oberrealschule der Francke’schen Stiftungen zu Halle die Doktorprüfung abgelegt. Nach der Promotionsordnung ist Abiturienten von Oberrealschulen ohne weiteres die Promotion in den naturwissenschaftlichen Fächern gestattet, die Fakultätsstatuten kennen jadoch [sic] noch nicht die Gleichberechtigung der drei oberen Schulen in diesen Fächern, sondern lassen in den Vorschriften über die Habilitation (§ 23) nur Abiturienten von Realgymnasien und auch diese nur ausnahmsweise zur Habilitation zu.

Da demnach Herr Dr. Tuband [sic] zur Habilitation nicht zugelassen werden könnte, hat die Fakultät beschlossen, seine ausnahmsweise Zulassung bei dem Herrn Minister zu befürworten.

Herr Tubandt, der unter den schwersten Verhältnissen sein Studium ermöglichst [sic] hat, bestand am 20. November 1903 die mündliche Prüfung […] ‚magna cum laude‘, nachdem seine Dissertation von dem Fachprofessor Herrn Geheimrat Volhard mit dem besonderen Lobe […] ausgezeichnet worden war. Bald nach bestandener Prüfung wurde er zum Assistenten an dem chemischen Institut der Universität ernannt, welche Stellung er noch gegenwärtig bekleidet. In dieser Tätigkeit hat er sich ausgezeichnet bewährt und, mit der Unterweisung Studierender betraut, Fähigkeit und Liebe zum Unterrichten gezeigt, so daß eine gedeihliche Lehrtätigkeit von ihm erwartet werden darf. Zudem bezeugen mehrere Abhandlungen, welche dem Gesuche beiliegen, seinen eifrigen Fleiß in der Wissenschaft. Seine zum Zwecke der Habilitation verfasste sehr umfangreiche Schrift: Zur ‚Kenntnis der Reactionskinetik in nichtwässerigen Lösungen‘ bezeichnet Herr Professor Volhard als eine hervorragende Leistung: ‚Sie ist mit außergewöhnlichem Fleiß und peinlicher Sorgfalt ausgeführt, behandelt wissenschaftliche Fragen von hohem aktuellen Interesse und fördert eine Reihe nicht unwichtiger Ergebnisse zu Tage; sie beweist somit die Fähigkeit des Verfassers, wissenschaftliche Fragen zu stellen un [sic] zu bearbeiten, so daß man von ihm weitere Bereicherung unserer Wissenschaft erwarten darf.‘

Die vorberatende Kommission war daher einstimmig der Meinung, daß Herr Dr. Tuband [sic] durchaus dazu geeignet sei, zu den Habilitationsbemühungen zugelassen zu werden. Sie betonte zugleich, daß das Gebiet, mit dem er sich näher beschäftigt, die physikalische Chemie, an der Universität nicht vertreten sei, so daß seine Habilitation den Unterricht in der Chemie in wünschenswerter Weise ergänze. Die Fakultät ist demnach bereit, Herrn Dr. Tuband [sic] zu den Habilitationsbemühungen zuzulassen, falls der Herr Minister seine hochgeneigte Genehmigung dazu erteilen will.

Euer Hochwohlgeboren bitte ich daher ganz ergebenst, daß Gesuch [sic] dem Herrn Minister übermitteln und befürworten zu wollen, indem zugleich die Fakultät dem Herrn Kurator die Bestätigung, daß der Habilitation nichts im Wege steht, vorbehält.“

Carl Tubandt schrieb zur Habilitation, im März 1907, diesen handschriftlichen

„Lebenslauf.

Ich, Friedrich Carl Tubandt, bin am 3. Dezember 1878 in Halle a. S. als Sohn des Tischlermeisters Carl Tubandt geboren. Ich bin evangelischer Confession und wurde nach dem frühzeitigen Tode meiner Eltern in den Franckeschen Stiftungen in Halle erzogen. Dort besuchte ich bis zu meinem 12. Lebensjahre die Mittelschule, dann die Oberrealschule, deren Reifezeugnis ich im Frühjahr 1900 erhielt. Vom Sommersemester desselben Jahres an studierte ich an der Universität Halle Chemie und wurde im Februar 1904 auf Grund einer Arbeit über ‚die Inversionsgeschwindigkeit des Menthons‘ zum Doctor promoviert. Vom Winter-Semester 1903 bis heute bin ich Assistent am Chemischen Institut der Universität Halle. Seit 2 Jahren bin ich mit Dr. phil. Wera Krilitschewskaja verheiratet.“

Sowohl der Ministerialdirektor im Preußischen Kultusministerium Friedrich Althoff als auch der Senat der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg stimmten der Habilitation Carl Tubandts zu.

Am 26. Mai 1907 berichtete der Dekan Lindner dem Kurator „ganz ergebenst, daß am 20. April d. Js. Herr Dr. Artur Golf und am 4. Mai Herr Dr. Karl Tubandt ihre Antrittsvorlesungen gehalten haben und demnach unter die Privatdozenten unserer Fakultät eingetreten sind.“ Und Kurator Meyer teilte am 28. Mai 1907 dem Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten in Berlin mit: „Der Assistent am hiesigen chemischen Institut Dr. phil. Karl Tubandt hat von der Philosophischen Fakultät hiesiger Universität am 4. Mai d. Js. die Venia Legendi für das Fach Chemie erhalten.“ Carl Tubandt hielt seine Antrittsvorlesung am 4. Mai 1907 über „Katalytische Reactionen“.

1908 ging er für mehrere Monate in das Labor von Walther Nernst nach Berlin und wurde im Herbst 1908 Vorsteher der Physikalisch-Chemischen Abteilung des Chemischen Institutes der hallischen Universität.

Am 16. Oktober 1914 bat der Dekan der Philosophischen Fakultät Otto Kern den Minister darum, Tubandt zum außerordentlichen Professor zu ernennen und schrieb:

„Die Einrichtung und Organisation dieses Laboratoriums ist vornehmlich Tubandt’s Aufgabe gewesen. Er hat in die bescheidenen, verfügbaren Räume sehr bald ein echt wissenschaftliches Leben gebracht und durch sein Lehren und sein Schaffen eine treue Schar von Schülern um sich versammelt. Diese Leistung ist um so höher einzuschätzen, als die Schüler durch keine Satzungen in diesen Teil unsres Chemischen Institutes verwiesen werden. Die theoretische und physikalische Chemie gilt nicht als besonderes Prüfungsfach, und doch ist sie für die Ausbildung der Chemiker und für das Studium der Naturwissenschaften eine unerlässliche Ergänzung. Das Fach wird daher auf fast allen Universitäten durch einen außerordentlichen oder ordentlichen Professor vertreten.“

Nachdem er eine lange Liste von Publikationen Tubandts und seiner Schüler aufgeführt hatte, schrieb Dekan Kern:

„Von diesen Arbeiten mögen besonders die Untersuchungen über das elektrische Leitvermögen kristallisierter und geschmolzener Salze hervorgehoben sein. Der Nachweis der Gültigkeit des Faraday’schen Gesetzes beim kristallisierten festen Jodsilber und die Untersuchungen über den Molekularzustand der festen Salze haben bleibenden wissenschaftlichen Wert.“

Tubandt wurde am 20. Mai 1915 außerordentlicher Professor und am 24. Mai 1921 ordentlicher Professor für Physikalische Chemie. Am 28. Juni 1931 wurde er Direktor des neu gegründeten Institutes für Physikalische Chemie. Er hat damit die Physikalische Chemie an der hallischen Universität etabliert.

Nicht nur beruflich sondern auch privat war es eine gute Zeit für Carl Tubandt. Er hatte sich aus eigener Kraft eine ihm gemäße Position an der Universität erarbeitet und lebte mit einer ebenbürtigen Partnerin zusammen. 1905 und 1907 waren ihre Töchter Wera und Katharina geboren. 1927 kaufte das Ehepaar Tubandt das Haus in der Bismarckstraße 16 (heute Carl-von-Ossietzky-Straße). Sie nahmen ihre Wohnung in einer der drei Etagen dieses Hauses und hatten nun eine angenehme Umgebung für ihr Familienleben und für Geselligkeiten. Regelmäßig reisten sie auch nach Odessa, um Weras Familie zu besuchen.

Am 12. Dezember 1923 wurde Carl Tubandt zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Er nahm regelmäßig an den Vortragssitzungen teil und schlug zwei weitere Vertreter der Physikalischen Chemie als neue Mitglieder für die Akademie vor: Giovanni Battista Bonino aus Bologna wurde am 15. Dezember 1932 auf Tubandts Vorschlag hin Leopoldina-Mitglied. Der Direktor des Physikalisch-Chemischen Instituts der Universität Berlin Max Bodenstein wurde am 18. Mai 1933 auf Tubandts Vorschlag, unterstützt von Max Le Blanc, zum Mitglied gewählt.

Carl Tubandt hat mit größter Intensität gearbeitet und entsprechend viele Ergebnisse publiziert. Im Fragebogen von 1933 gab er unter „Besonderes Forschungsgebiet“ an: „Physikalische Chemie, insbesondere Elektrochemie der festen Stoffe“. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Originalarbeiten. Im Fragebogen der Leopoldina reichte der Platz für seine Publikationen bis zum Aufnahmejahr 1923 nicht aus.

Während Carl Tubandt bei Daniel Vorländer promoviert wurde, promovierte bei ihm Friedrich Wilhelm Jost, der später die Physikalische Chemie in Göttingen vertrat (er war ein Sohn des Stadtarchitekten von Halle Wilhelm Jost). Tubandt gelang es, einen großen Kreis von Schülern um sich zu scharen.

Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, war Carl Tubandt 55 Jahre alt, seine Frau Wera 52 und die beiden Töchter 28 und 26. Er stand auf dem Gipfel seiner Karriere. Er hatte alles erreicht, was auf seinem Gebiet möglich war. Er war Direktor eines Institutes für Physikalische Chemie, ein neues modernes Fachgebiet, er war Mitglied der Leopoldina, die Familie war finanziell gut abgesichert. Dass Carl Tubandt ein liebevoller Vater war, lesen wir in seiner Personalakte im Universitätsarchiv. Als seine Tochter Wera (zu diesem Zeitpunkt Architekturstudentin) im Februar 1929 an einer Bauchfellentzündung erkrankte, reiste er mehrmals nach Berlin, um ihr Blut zu spenden und sie zu unterstützen.

1934 wurde Carl Tubandt Förderndes Mitglied der SS, Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und 1935 Mitglied des Reichsluftschutzbundes. Er hoffte wohl, auf diese Weise seine Familie schützen zu können. In dem entscheidenden Fragebogen zum „Nachweis der arischen Abstammung des Beamten“ vom 22. Januar 1936 hat er die drei Mitgliedschaften mit Mitgliedsnummern angegeben. Allerdings nützte ihm das nichts.

Zu diesem Fragebogen gehörte auch eine „Anzeige über Verheiratung“. Während Carl Tubandt für seine Frau Wera als „Konfession“ „evang.“ angab, stand bei den Eltern von Wera, dem Kaufmann Alexander Abraham Krilitschewsky, der bereits 1898 gestorben war, und auch bei dessen Frau Theodoria Fanny, geb. Levin: „mos.[aisch]“. Die Unterstreichungen stammen vom „Bearbeiter“.

Am 25. Juni 1937 teilte der Kurator Berthold Maaß dem Rektor Johannes Weigelt mit:

„Der Herr Reichs-Erziehungsminister hat auf Grund von § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933 mit Erlass vom 16.6.1937 – Z II d Tubandt 1a (a) W p – den ordentlichen Professor in der Naturwissenschaftlichen Fakultät Dr. Tubandt in den Ruhestand versetzt.“

Rektor Weigelt hat diese Information unterschrieben. Bei der Berechnung des Ruhegehaltes, das Carl Tubandt ab 1. Oktober 1937 bekam, wurde angegeben, dass er 34 Jahre und 13 Tage für die hallische Universität gearbeitet hatte! Auch in der Leopoldina wurde er am 30. November 1938 als Mitglied gestrichen. Wir lesen auf seiner Seite im Matrikelbuch zwei Einträge hierzu: „Mitgliedschaft gelöscht 30. 11. 1938 (Nichtarier) (nur Frau Jüdin)“ und: „soll als Verstorbener geführt werden lt. H. Geh. Rat Abderhalden v. 23. I. 42“. Der Geheime Rat Emil Abderhalden war der Präsident der Akademie. Er hatte sehr schnell vom Tod Carl Tubandts am 17. Januar 1942 erfahren und nahm ihn als Verstorbenen am 23. Januar 1942 wieder in die Reihen der Leopoldina-Mitglieder auf.

Sich von seiner Frau zu trennen, weil sie Jüdin war, kam für Carl Tubandt nicht in Frage. (Kollegen von ihm haben dies getan.) Seine Frau und seine Kinder waren ihm so wichtig, dass er seine geliebte Arbeit aufgab und mit seiner Frau nach Berlin zog, wo die Tochter Katharina lebte. Sie kauften ein Haus in Zehlendorf und versuchten, sich unter den veränderten Bedingungen einzurichten. Vier Jahre lebten sie dort noch gemeinsam, dann starb Carl Tubandt, im Alter von 63 Jahren.

„Am 17. Januar 1942 verschied
nach langem, schwerem Leiden
mein lieber Mann, unser guter Vater und Bruder, Prof. Dr.
Carl Friedrich Tubandt
Im Namen der Angehörigen
Katharina Tubandt,
Berlin-Zehlendorf, Stubenrauchstr. 30, den 19. Januar 1942.
Beisetzung Mittwoch, 21. Januar 1942, Russischer Friedhof Berlin Tegel“

Als Ansprechpartner steht in dieser Todesanzeige nicht die Ehefrau und nun Witwe Wera, sondern die Tochter Katharina, als Friedhof wurde der Russische Friedhof gewählt.

Es begann eine schwere Zeit für Wera. Ihre Tochter Katharina gab ihre eigene Wohnung auf und zog zu ihr. Wera versteckte sich bei Freunden, sie hatte keinen Schutz durch ihren Mann mehr. Als sie die Aufforderung bekam, sich für den Transport nach Auschwitz bereit zu halten, nahm sie sich mit Gift das Leben. So endete das gemeinsame Leben des Ehepaares Tubandt. Ihre beiden Töchter konnten mit Hilfe von Freunden überleben.

Für Wera Tubandt wurde ein Stolperstein vor dem Haus Carl-von-Ossietzky-Straße 16 verlegt und es wurde eine Gedenktafel für das Ehepaar Tubandt angebracht.

Wie die Trauer in der nächsten Generation nachklang, zeigt ein Brief der Adoptivtochter Katharinas, Brigitte Tubandt, vom Mai 1992:

„Meine Mutter, die jüngere der beiden Tubandt-Töchter (sie starb vor 3 Jahren), sprach viel von ihren Eltern, von ihrer überaus harmonischen Ehe, von ihrer gemeinsamen Arbeit – aber die Zeit, nach der Sie fragen, sparte sie aus, sie konnte darüber nicht reden, es ging ihr zu nahe. […] Carl Tubandt hat unendlich gelitten unter den ständig zunehmenden Demütigungen und Anfeindungen, denen seine Frau ausgesetzt war. Seit dem Umzug nach Berlin 1938 kränkelte er und ist im Januar 42 ‚an einem Magenleiden‘ gestorben. Zwei Jahr später hat seine Frau wegen des bevorstehenden Abtransportes ins KZ den Freitod gewählt.

Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Ich hoffe nur, es wäre meiner Mutter recht gewesen, daß ich es getan habe – sie war so ungeheuer dünnhäutig, wenn es um diese Dinge ging […].“


Ausgewählte Publikationen von Carl Tubandt

  • Die Inversionsgeschwindigkeit des Menthons. Halle 1904 (Dissertation Halle 1904). 
  • Zur Kenntnis der Reactionskinetik in nichtwässrigen Lösungen (Habilitationsschrift Halle 1907).
  • Handbuch der Experimentalphysik. Bd. 12, 1: Leitfähigkeit und Überführungszahlen in flüssigen und festen Elektrolyten. Leipzig 1932 (zusammen mit Ludwig Ebert).
  • Handbuch der Experimentalphysik. Bd. 12, 2: Elektromotorische Kräfte. Leipzig 1933 (gemeinsam mit Carl Drucker).

Quellen und Literatur

  • UAH PA 16155; Rep. 6 Nr. 1407 (Fragebogen) und Rep. 4 Nr. 2159 (Liste der Hospitantinnen vom Sommersemester 1896). 
  • Akte C III 144 im Studienzentrum der Franckeschen Stiftungen. 
  • Akte Tubandt-Krilitschewsky im Stadtmuseum Halle.
  • Matrikelmappe 3500 im Archiv der Leopoldina; Brief von Brigitte Tubandt an S. G.
  • Catalogus Professorum Halensis.
  • Sybille Gerstengarbe: Die Leopoldina und ihre jüdischen Mitglieder. In: Rüdiger vom Bruch, Sybille Gerstengarbe, Jens Thiel und Simon Renkert (Hgg.): Wissenschaftsakademien im Zeitalter der Ideologien. Politische Umbrüche – wissenschaftliche Herausforderungen – institutionelle Anpassungen. Stuttgart 2014 (Acta Historica Leopoldina; 64), 419–446.
  • Sybille Gerstengarbe, Jens Thiel, Rüdiger vom Bruch: Die Leopoldina. Die Deutsche Akademie der Naturforscher zwischen Kaiserreich und früher DDR. Berlin-Brandenburg 2016.

Bilder: Carl Tubandt (S. 332) und das Ehepaar Tubandt. Mit freundlicher Genehmigung der Familie. Matrikelmappe 3500 im Archiv der Leopoldina.

Quelle: Friedemann Stengel (Hg.): Ausgeschlossen. Die 1933-1945 entlassenen Hochschullehrer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Halle 2016, S. 321 - 332

Autorin: Sybille Gerstengarbe

Weitere Bilder und Dokumente:

Dokument: Tubandt, Carl und Wera

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