Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Wegner, Arthur

Wegner, Arthur

geboren:25.2.1900 Berlin
gestorben:29.6.1989 Halle
Konfession:evangelisch
Vater:Tischlermeister

Wegner, Arthur

Strafrechtler, Kirchenrechtler, Völkerrechtler, Rechtsphilosoph

Arthur Wegner erblickte als Sohn eines Tischlermeisters in Berlin die Welt. Er war von seiner Familientradition her evangelisch. Nach dem Ersten Weltkrieg legte Wegner 1919 das Abitur ab. Er studierte 1919 bis 1922 an der Universität Berlin Rechtswissenschaft. Dort absolvierte er auch die erste juristische Staatsprüfung. 1923 folgten die Promotion zum Dr. iur. in Berlin, 1924 die Habilitation an der Universität Hamburg. 1926 wurde er zum ordentlichen Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Breslau berufen. Hier lässt er sich aufgrund seiner Schriften und Artikel in Tageszeitungen politisch dem deutsch-nationalen Lager zuordnen. Vorher galt er als Pazifist. 1934 erfolgte seine Strafversetzung an die Universität Halle. Letztere wollte die Berufung verhindern, was jedoch nicht gelang. In Halle wurde er am 11. Juni 1937 wegen seiner jüdischen Ehefrau (so jedenfalls ganz überwiegend in der Literatur) aufgrund von § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 in den Ruhestand versetzt. Nach einer Denunziation wurde Wegner verhaftet und vor einem Sondergericht angeklagt. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Er emigrierte 1938 nach England. Zwischen 1940 und 1945 war Wegner in England und Kanada interniert. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wegner nach Deutschland zurück. Nach Anwalts- und Lehrtätigkeit in Hamburg und Kiel wurde er 1946 Ordinarius für Kirchenrecht, Strafrecht, Völkerrecht und Rechtsphilosophie in Münster. Bemühungen von Otto Eißfeldt und anderen, Wegner für Halle zu gewinnen, scheiterten. Aufgrund seiner provokanten Sympathiebekundungen für die DDR-Politik wurde gegen ihn ein Dienststrafverfahren eingeleitet. Sogar eine Untersuchung seines Geisteszustandes hatte das nordrhein-westfälische Kultusministerium in Erwägung gezogen. Daraufhin ging Wegner nach Halle, wo er 1963 ein „persönliches Ordinariat“ erhielt. Lehrveranstaltungen hat er in Halle wohl nicht gehalten. Seine innere Zerrissenheit kommt beispielsweise dadurch zum Ausdruck, dass er noch nach 1945 gelegentlich monarchistische Positionen vertrat („Der König von Preußen.“ 1958). Er war wahrscheinlich der einzige Universitätsprofessor der Rechte, der zwischen 1949 und 1989 jemals vom Westen in den Osten gegangen ist.

Wegner hatte seit den 1920er Jahren auch theologische Studien betrieben, um sich auf den Dienst als Missionar vorzubereiten. 1942 wechselte er zur katholischen Konfession über. Er starb, völlig vereinsamt, am 29. Juni 1989 in Halle.

Der Rechtsgelehrte Wegner verehrte Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Gleichzeitig war er im „Stahlhelm“ organisiert, fungierte hier als Landeshochschulführer für Schlesien und pries die Hohenzollern – dies alles bei steter Betonung seiner katholischen Konfession in einer kindlich-naiven Intensität. Hinzu kamen propagandistische Auftritte und Äußerungen zu Ehren der Ulbrichtschen DDR. Wegner beschäftigte sich vor allem mit Kirchenrecht, Rechtsphilosophie, Strafrecht und Völkerrecht. In Stolleis’ „Geschichte des öffentlichen Rechts“ wird er zwar mehrfach genannt, doch kann er nur „bedingt […] als Öffentlichrechtler gelten“. Seine sehr akzeptable Einführung in die Rechtswissenschaft lässt eine klare christlich-naturrechtliche Orientierung erkennen. In seiner Breslauer Zeit forderte Wegner in zahlreichen Artikeln die Abschaffung der Todesstrafe und ein neues Strafvollzugsgesetz. Letzteres sollte nach Wegners Auffassung stärker den Resozialisierungsgedanken umsetzen. Des Weiteren trat er für eine generelle Liberalisierung des Strafrechts ein.

Die Forschungen zu Arthur Wegner stehen erst ganz am Anfang. Insbesondere die Frage, was zu Wegners komplex-widersprüchlicher Geisteshaltung geführt hat, ist bis heute nicht tiefgründig untersucht worden.


Ausgewählte Publikationen von Arthur Wegner

  • Über Hochverrat. Historische und dogmatische Darstellung der Grundsätze des staatlichen jus puniendi gegenüber Angriffen auf die Staatsverfassung. Berlin 1923.
  • Geschichte des Völkerrechts. Stuttgart 1936.
  • Kriminelles Unrecht, Staatsunrecht und Völkerrecht. Hamburg 1925.
  • Einführung in die Rechtswissenschaft. Berlin 1931 (2. Aufl. 1948).
  • Strafrecht. Allgemeiner Teil. Göttingen 1951.
  • Wege in die Geschichte des Strafrechts. In: Staat-Recht-Wirtschaft. Beiträge der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Halle 1964, 217–229.

Literatur

  • Eberle 307.
  • Thomas Ditt: „Stoßtruppfakultät Breslau“. Rechtswissenschaft im „Grenzland Schlesien“
  • Rolf Lieberwirth: Der Lehrkörper der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zwischen den beiden Weltkriegen. In: Walter Pauly (Hg.): Hallesche Rechtsgelehrte jüdischer Herkunft. Köln u.a. 1996, 11–31.
  • Ders.: Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg nach 1945. Halle 2010, 31, 85–87, 96.
  • Lieselotte Steveling: Juristen in Münster. Ein Beitrag zur Geschichte der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Berlin u.a. 1999, 607ff., 690ff. 1933–1945. Tübingen 2011, 26–29.

Bild: UAH.

Quelle: Friedemann Stengel (Hg.): Ausgeschlossen. Die 1933-1945 entlassenen Hochschullehrer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Halle 2016, S. 339 - 346

Autor: Heiner Lück

Weitere Bilder und Dokumente:

Dokument: Wegner, Arthur

Dokument: Wegner, Arthur

Dokument: Wegner, Arthur

Zum Seitenanfang